Freitag, 21. Mai 2010

21.5. Freitag, Ruhetag



Abschiedsessen für Ashwin beim Inder. Es gab Bier und guten Wein

Die beiden Journalisten Ashwin und Nathalie
Im Thai Restaurant mit Ashwin und Paris der für uns arbeiten wird


Kabul by night

Heute ist mal wieder Feiertag, ein ruhiger Tag im Hotelgarten, das bedeutet Kampf mit dem langsamen Internetzugang beim Blog schreiben. Allmählich stellt sich bei der Arbeit am Pavillon eine gewisse Routine ein, die es schwierig macht etwas Neues, Spannendes zu berichten. Die Abendessen wiederholen sich. Gestern haben wir unseren neuen indisch-deutschen Freund verabschiedet, der auf Drängen seiner Frau nach Hause fliegt.

Gestern Vormittag gab es eine recht unterhaltsame aber irgenwie auch für den Zustand des Landes bezeichnende Episode:
Sämtliche an dem Projekt eingesetzen Arbeiter waren heute Morgen geschlossen angetreten weil die PPS (Presidential Protective Service) von allen Fotos für neue Ausweise machen lassen wollte.
Gegen 10 Uhr hatten alle die Arbeit niedergelegt und sammelten sich frisch gekämmt und in ihren besten Klamotten am Bauzaun. Dann Abmarsch im Gänsemarsch zu einem etwas entfernten Kasernenhof wo das Fotoshooting stattfinden sollte. Die Leute sind wohl wegen der schwierigen Lebensbedingung oft sehr kleinwüchsig. Als ich sie so vor mir durch den Palastgarten unter den riesigen, alten Platanen, an den dort mit laufenden Motor abgestellten gepanzerten Limousinen des Präsidenten und der Minister vorbeilaufen sah, musste ich unwillkürlich an die Geschichte mit den sieben Zwergen denken.
Wir stolperten am Haupteingang über ein halbverlegtes neues Kopsteinpflaster. Dann
vor dem Tor durch einen roten Farbnebel den ein Arbeiter ohne Atemmaske beim Beschichten eines Eisengitters verbreitete. Was ist Arbeitschutz?
Schliesslich erreichte die Kolonne den Kasernenhof in dem der Fotograf auf uns wartete.
Zunächst hiess es warten. Auch wir haben schon letztes Jahr gelernt lange und oft gleichmütig zu warten ohne Ärger und Wut in sich aufsteigen zu lassen.

So sind im August 2009 meine beiden Kollegen, meine Wenigkeit sowie Dolmetscher Amir buchstäblich eine geschlagene Woche von Behörde zu Behörde gelaufen um ein Verlängerung unserer abgelaufenen Visa zu erreichen. Dagegen müssen die Institutionen mit denen Buchbinder Wanninger zu tun hatte hocheffiziente deutsche Musterbehörden gewesen sein. Ein amerikanischer Hotelgast meinte zu unserer Misere, dass man die Visa auch sofort haben könne wenn man 500,00 $ an die richtigen Leute zahle.

Wir hatten damals im Herbst 2009 noch Glück, dass wir nicht vier Wochen später auf Visasuche unterwegs waren da das Visa-Amt im Oktober durch einen Selbstmordattentäter mit Autobombe vollkommen zerstört wurde. Damals haben wir uns gefreut zum Zeitpunkt des Attentates 500 Meter entfernt auf der Strasse zu sein während wir auf ein Taxi warteten. Neben uns gingen durch die Druckwelle noch einige Scheiben zu Bruch. Die Druckwelle fühlt man auch in der Entfernung im ganzen Körper ähnlich wie sehr tiefe Basstöne in der Disko.

So jetzt habe ich uns allen die Wartezeit mit einer kleinen (wahren) Gruselgeschichte verkürzt. Nun zurück zu oben begonnener Erzählung:
Nach einer halben Stunde des Wartens erschien schliesslich ein etwas aufgeregter Mitarbeiter der Palasadministration. Er erklärte mit gestenreichen Worten, dass die Papiere oder Unterlagen die für die Anfertigung der neuen Ausweise gebraucht würden leider noch nicht von einer anderen Behörde überbracht worden seien. Die ganze Fotoaktion müsse deshalb abgeblasen werden. Im Übrigen müsse jetzt jeder selber für seine Passfotos sorgen (jeweils 2 Stück mit weissem Hintergrund) da man den Fotografen nicht nochmals einbestellen könne.

Die ca. 30 Mann einschliesslich uns nahmen es von der lustigen Seite. Fröhlich als wäre das ganze ein guter Scherz oder kleiner Betriebsausflug marschierten wir wieder zurück zu unserem Arbeitsplatz. Ich habe beim Zurückschlendern zum Pavillion versucht Bernd den wirtschaftlichen Schaden vorzurechnen den der Arbeitsausfall von 1,5 Stunden à 30 Mann für unser Projekt beteutete. Als mir Bernd dann entgegenhielt, dass sich die Kosten für die Arbeitsstunde bei einem Monatseinkommens der Arbeiter von ca 150-200 $ im Cent-Bereich bewegen würden, gab ich es auf.


Attentat auf Inneministerium, Pass-Amt und Indische Botschaft im Oktober 2009
Mit der Handy-Kamera aufgenommene Explosionswolke. Über der Wolke flattert ein aufgeschreckter Vogel.

1 Kommentar:

  1. tja, Mathematik ist zwar eindeutig, aber jedes Ergebnis immer eine Frage des Standpunktes,...
    Aufpassen!!!!
    VG aq

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