Montag, 17. Mai 2010

17.5. Montag

Die letzten drei Arbeitstage waren sehr produktiv. Der frühe Arbeitsbeginn um 7 Uhr hat große Vorteile.
Die Untersuchung der verschiedenen farbigen Überfassungen an der Fassade liefert inzwischen ein abgerundetes Bild. Zur Veranschaulichung des ursprünglichen Farbschemas sind an mehreren Stellen größere Freilegungsmuster entstanden. Eine Überaschung sind die wirklich sehr qualitätvollen, fein gravierten Stuckornamente sowie die Schärfe und Präzision der stuckierten Architekturteile.

Eine große Erleichterung bei der Festigung der Malereien im Innenraum sind unsere leichten Alugerüste ( die letztes Jahr so lange im Zoll hängen geblieben sind). Sie lassen sich optimal an die Raumhöhen anpassen, so dass man sehr effizient arbeiten kann. Die im letzten Jahr entwickelte Festigunsmethode ist zwar aufwändig, führt aber zu guten Ergebnissen. Gefestigt wird mit Hausenblasenleim der aus der Schwimmblase des Störfisches (auch Hausen genannt) gewonnen wir. Da der Stuck oder Putzträger unter der Malschicht stark saugt wird dem Hausenblasenleim ein Drittel Hasenhautleim beigegeben um die Klebekraft zu erhöhen. Um das Eindringen der Leimmischung unter die gelockerten Farbschollen zu erleichtern wird mit einer Mischung aus Wasser mit etwas Alkohol vorgenetzt. Damit keine Schollen beim Leimauftrag verloren gehen wird das Festigungmittel durch ein hauchdünnes Japanpier hindurch aufgetragen. Durch das aufgeklebte Papier kann man die lockeren Schollen gefahrlos andrücken oder mit einem kleinen elektrisch erwärmten Spachtel niederbügeln. Am nächsten Tag kann man dann das Papier mit einem kleinen, mit warmem Wasser befeuchteten Schwamm, abnehmen. Oberflächen Schmutz wird dabei ebenfalls entfernt.

Der Baustellen-Schreiner hat mit ein sehr praktisches kleines Tablett gebaut das ich am Gerüst befestigen kann und auf dem ich die Arbeitsutensilien abstellen kann. - Ein guter Handwerker wenn auch etwas langsamer wie bei uns.

Samstag Abend gingen wir mit Ashwin Raman und einem britischen Entwicklungshelfer in einem indischen Lokal essen. Für deutsche Verhältnisse ein unglaublich vergammeltes Lokal. Das Essen aber war hervorragend, authentisch mit frisch gemachtem Kichererbsenbrot. Der Engländer erzählte über eine Reise, die er durch Indien gemacht hat. Berührt habe ihn die immer noch vorhanden Gräber aus der Kolonialzeit, die an längst verwehte Schicksale erinnern.

Eigentlich war es etwas verwegen in der Dunkelheit die Viertelstunde zu Fuß vom Hotel in's Lokal und zurück zu laufen, war aber problemlos.

Gestern, Sonntag gab es um die Mittagszeit einen fürchterlichen Sturm. Wir sassen gerade im Garten des Pavillions unter einem der weiss blühenden Rosenbüsche und warteten auf das Mittagessen. Da verwandelte der Himmel sich in ein dunkles kompaktes sandfarbenes Gelb. Dann wehte ein heftiger Wind, der einen der Bäume im Garten umstürzte und die weissen Blüten von den Rosenbüschen pustete. Dann begann es sintflutartig zu regnen.
Als wir später nach Hause gingen war der Boden und die Strassen überssät mit abgebrochenen Zweigen und Blättern. Heute erfuhren wir, das in Kabul zwei Menschen bei dem Unwetter ums leben gekommen sind.
Auch heute hat es auf der Fahrt ins Hotel stark geregnet was zu einem völligen Verkehrschaos führte. Eine Geräuschkulisse im uralten Corolla Taxi die man nicht erfinden kann: quietschende Scheibenwischer, laute indische Musik aus dem Autoradio, Kanon aus Autohupen. Die Corolla Hupe klingt irgendwie freundlich Quäkend so als würde die entführte Tante Daisy Duck um Hilfe rufen. Der Taxifahrer war mal mit 15 Jahren auf der deutschen "Amani" Schule und führte uns seine etwas verblichenen Deutschkenntnisse vor. Dann hatte sein Auto im Stau eine Reifenpanne und wir mussten das letzte Stück zum Hotel im Regen zu Fuß gehen. Ein Schlauchboot hätte uns jetzt durchaus gute Dienste geleistet, so überschwemmt waren die Strassen. Ein anderes Taxi hatte den völlig überfluteten offenen Abflusskanal am Strassenrand übersehen und steckte mit zwei Rädern fest.
Als wir die Sicherheitsschleuse unseres Hotels passiert hatten sagte Bernd "home sweet home". Und er hatte recht.

1 Kommentar:

  1. Endlich kann ich auch mal was von Dir lesen! Ist sehr spannend und ich werde es bis zum Schluß verfolgen. Ich würde mich über noch mehr Fotos freuen, vielleicht findest Du doch ein verschwiegenes Eck mit schwatzenden Frauen (ich weiß, ist unrealistisch, aber möglicherweise die kluge und sehr nette Journalisitn?) Oder einfach Daisy Duck gemeinsam mit Dir.

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